31.03.2023

Das blaue Band Schwedens – die Geschichte des Göta-Kanals

Vor 200 Jahren aus pragmatischen Gründen erbaut, ist der Göta-Kanal heute eine wichtige kulturhistorische Attraktion. Seine Geschichte führt auch nach Deutschland.

Als Baltzar von Platen am 29. Mai 1766 auf Rügen auf die Welt kommt, stand ihm ein privilegiertes Leben bevor. Er stammt aus dem Pommerschen Adelsgeschlecht. Dass er zu Lebzeiten maßgeblich dafür sorgte, eine der heute größten Touristenaktionen Schwedens zu bauen, hätte von Platen aber wohl nie gedacht. Sein Lebenswerk ist der Göta-Kanal.

Mit 13 auf der Kadettenschule
Von Platens Vater machte in Schweden Karriere. Er selbst besuchte mit 13 Jahren die Kadettenschule in Karlskrona und avancierte im Erwachsenenalter zum Oberst. Als 33-Jähriger schied er aus der Marine aus und ließ sich mit seiner Frau Hedvig auf dem Gutshof Frugarden in Vänersnäs nieder.

Die Entscheidung eine Wasserstraße quer durch Schweden zu bauen, kam ihm allerdings schon 1801, als er König Karl XIII. traf. Dieser war regelrecht angetan vom seinerzeit schon gebauten Trollhätte-Kanal im Westen des Landes. Doch die Realisierung eines Wasserwegs zwischen dem Vänern und der Ostsee glich seinerzeit einer tollkühnen Idee.

Königlicher Auftrag
Doch 1808 konkretisierte sich dieser Plan, Baltzar von Platen bekam den königlichen Auftrag, Kosten und Zeitaufwand des Göta-Kanals zu berechnen. Zwei Jahre später war es dann so weit: Baubeginn war in Forsvik und Motala. Es vergingen weitere 22 Jahre, bis die ganze Wasserstraße fertiggestellt ist. Baltzar von Platen bekam dies nicht mehr mit. Er starb drei Jahre zuvor.

Insgesamt ist der Kanal 190 Kilometer und erstreckt sich von Sjötorp am Vänern bis nach Mem an der Ostsee. Zusammen mit dem Trollhätte-Kanal und dem Göta älv zieht sich eine komplette Wasserstraße mit den Zwischenstationen Vänern und Vättern durchs ganze Land. Der Göta-Kanal verfügt über 26 Meter Breite auf der Oberfläche und ist bis zu drei Meter tief. Bis heute gibt es ganze 58 Schleusen.

Handarbeit von 58000 Soldaten
Der Bau war größtenteils reine Handarbeit. Insgesamt 58000 Soldaten gruben mit Holzspaten die 87 Kilometer lange Kanalstrecke östlich des Vänern aus. Mit wenigen Pausen schufteten die Männer bis zu 16 Stunden am Tag. Doch warum brauchte es überhaupt einen Kanal, der die beiden Meere miteinander verbindet?

Die Industrialisierung breitete sich im 19. Jahrhundert auch im Norden Europas aus. Das ländlich geprägte Schweden verfügte nur über schlechte Straßen. Eisenbahn und Autos gab es noch nicht. Der Göta-Kanal verringerte nicht nur die Strecken, sondern ermöglichte auch den Transport von viel mehr Last. Und die an die Dänen zu zahlende Gebühr am Öresund fiel auch weg.

Personenverkehr wurde wichtiger
Schon wenige Jahre nach seiner Einweihung wurde jedoch auch der Personenverkehr über den Gota-Kanal immer wichtiger. Viele Schweden, aber auch Finnen oder Russen nutzten den Weg, um nach Göteborg zu gelangen, von wo sie meist in die USA immigrierten.

Heute ist der Göta-Kanal fast ausschließlich für Touristen und Einheimische da. Rund 2000 Freizeitschiffe tummeln sich auf dem Kanal. Zudem verkehren hier historische Schiffe, wie die Juno, Diana oder die Wilhelm Tham von der Reederei AB Göta Kanal, die Passagiere von Göteborg nach Stockholm bringen.

Heute ein Tourismus-Magnet
Der historische Kanal zieht heute bis zu 3 Millionen Touristen im Jahr an und hat sich so zu einer der beliebtesten Destinationen entwickelt. Der Göta-Kanal schlängelt sich zierlich durch die wunderschöne schwedische Landschaft. Den parallel verlaufenden Treidelpfad nutzen vor allem Fahrrad-Liebhaberinnen und -Liebhaber. Seit 2016 unterzieht sich der gesamte Kanal einer groß angelegten Renovierung, die besonders Umwelt- und Klimaaspekte berücksichtigt.

Wie es sich für staatliche Großprojekte bisweilen gehört, hatte man sich beim Bau vor mehr als 200 Jahren auch beim Göta-Kanal ordentlich verkalkuliert. Eigentlich sollte die Bauzeit lediglich zehn Jahre dauern. Doch schon nach fünf Jahren war man lediglich mit einem Viertel fertig, wohingegen die Kosten schon doppelt so hoch wie geplant waren. Baltzar von Platen musste den schwedischen Reichstag überzeugen, das Projekt weiterhin zu finanzieren.

Ansonsten haben sich die Zeiten aber fulminant geändert. Benötigt man für die Strecke Göteborg-Stockholm mit dem Auto heute wenige Stunden, ist man über dem Göta-Kanal mindestens vier Tage unterwegs. Und Aus 58000 Soldaten sind heute 24 vollzeitlich angestellte Mitarbeiter geworden.

→ Dieser Artikel wurde mit Informationen von gotakanal.se erstellt. Vielen Dank für die Unterstützung!

Dieser Beitrag wurde geschrieben von:

Leon

Leon liebt das Reisen und bekommt nie genug davon, Neues zu entdecken. Seine Neugier lotste ihn schon bis nach Japan, Guatemala und auf die Fidschi-Inseln. Im hohen Norden aber fühlt er sich am wohlsten. Im Winter liebt er es, sich in der lappländischen Schneewelt der Natur hinzugeben. Im Sommer genießt der studierte Journalist besonders Schwedens einzigartige, maritime Küstenwelt. Schweden ist für Leon ein Kaleidoskop des Reisens: aufregend, abwechselnd, anders. Im Land der Mitternachtssonne erlebt er bei jeder Reise aufs Neue, was SchwedenPur bedeutet.


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